Samstag, 17. September 2011

Unheimliches Wuhletal

Von Zeit zu Zeit zieht es mich raus aus der Stadt. Dann möchte ich einfach laufen und die Gedanken schweifen lassen. Ich mag Waldgebiete mit Sümpfen oder Flusslandschaften. Heute habe ich mich für das Wuhletal entschieden. Das Tal ist nicht weit weg – noch innerhalb der Grenzen Berlins und doch weit draußen. Um zur Wuhle zu kommen, fahre ich durch schier endlose Plattenbaugebiete. Die symmetrischen Bemalungen an den Hauswänden können nicht über ihre anonyme Hässlichkeit hinwegtäuschen. Hier müssen Tausende Menschen wohnen, aber die Gegend wirkt wie ausgestorben. Sie stehen wohl alle hinter den Scheiben und starren hinaus.

Am Ende einer langen Straße breitet sich das Tal vor mir aus.
Die Wuhle ist ein schmaler, versumpfter Fluss. Dicht stehen mannshohe Wildpflanzen. Die Region wirbt mit 250 Pflanzen- und 776 Tierarten. Pflanzen wuchern um mich. Es duftet nach kräftigen Kräutern, doch es fehlt ihnen jede Lieblichkeit. Alles deutet auf eine vor kurzer Zeit abgeschlossene Renaturierung hin. Der Pflanzenteppich ist so typisch für die Neubegrünung von Brachflächen. Er gibt dem Fluss den Charme einer Bahntrasse. Von den Tieren sehe ich nur eine kleine Feldmaus tot auf dem Weg liegen.

An diesem Fluss wird mir die ganze Künstlichkeit der menschlichen Zivilisation bewusst. Links und rechts des Ufers schlängeln sich zwei sehr breite, sehr gut gepflegte Wege. Alle 10 Meter stehen Sitzbänke mit leeren Mülleimern. Ab und an gibt es einen verwaisten Spielplatz. In der Ferne sieht man Hochhäuser. Die von Menschen gestalteten Elemente wirken sauber, ordentlich, akurat, leer, künstlich, bizarr. Eine morbide Stimmung kommt auf. Hier lassen sich wunderbar verschrobene Horrorfilme drehen.


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