Freitag, 30. September 2011

Experimente mit Radieschen

Neuen Lebensmitteln und ungewöhnlichen Garmethoden stehe ich oft zwiespältig gegenüber. In mir hadern Neugierde und Skepsis. Meistens gewinnt über kurz oder lang die Neugierde. So war es auch heute Mittag. Es sollte gedünstete Radieschen geben.

Zusammen mit grünen Bohnen, Frühlingszwiebeln und Zucchini habe ich die Radieschen im Wok angebraten und dann mit wenig Flüssigkeit bei geschlossenem Wok gedünstet. Um dem Gericht etwas Würze zu geben, habe ich Olivenöl, Weißweinessig, Weißwein, Zucker, Salz und Pfeffer gemischt und ganz leicht erhitzt bis der Zucker geschmolzen ist. Diese Sauce habe ich am Ende der Garzeit über das Gemüse gegossen und mit Estragon bestreut.

Ich muss sagen, die gedünsteten Radieschen waren gut - vor allem in dieser Kombination - aber gegen einen ordentlichen Rohkostsalat aus Radieschen kamen sie nicht an.

Donnerstag, 29. September 2011

Mein allerliebstes Lieblings-Fisch-Curry

Es gibt viele Rezepte für Fisch-Currys. Dieses ist ein ganz besonderes. Es ist mein Lieblings-Fisch-Curry. Es ist schnell, einfach und super lecker – aromatisch und nicht zu scharf. Probier es einfach mal aus.

Für 2 Personen nehme ich

Öl für den Wok
200 g Fisch, meistens Alaska-Seelachs-Filets
etwas Mehl
1 gehackte Knoblauchzehe
1 EL Currypaste
1 EL Fischsauce
200 ml Kokosmilch
200 g gehackte Tomaten
Reis

Ich nehme meistens gefrosteten Fisch. Um ihn schnell aufzutauen, lege ich den Fisch auf Küchenpapier und lasse ihn den über Vormittag stehen. Das Küchenpapier hat einen prima Saugeffekt, der das Auftauen massiv beschleunigt. Nach eineinhalb bis zwei Stunden drehe ich den Fisch um, damit das Papier auch von der anderen Seite saugen kann.

Wenn der Fisch aufgetaut ist, schneide ich ihn mit einem geriffelten Messer in mundgerechte Stücke und wende sie in Mehl.

Danach rühre ich die Currysauce an. Dafür mische ich die Kokosmilch mit der Currypaste, der Fischsauce und der Knoblauchzehe. Es gibt verschiedene Currypasten im Handel. Sie unterscheiden sich im Geschmack und vor allem in der Schärfe. Ich nehme grundsätzlich eine etwas mildere Paste, zum Beispiel Tikka – nachwürzen kann man schließlich immernoch.

Jetzt wird der Fisch in einem Wok mit etwas Öl angebraten und dabei ständig gerührt. Nach ein bis zwei Minuten lösche ich den Fisch mit der Sauce ab und lasse sie einmal kräftig aufkochen. Dann stelle ich den Herd auf kleine Flamme, rühre die Tomaten unter und lasse das Curry mit geschlossenem Topf/Wokdeckel etwa 10 Minuten vor sich hin blubbern.

In der Zwischenzeit koche ich den Reis und wenn Fisch und Reis gar sind, kann die Schlemmerei losgehen.

Mittwoch, 28. September 2011

Zitronen-Holunder-Kuchen

Manche Lebensmittel hat man einfach immer vorrätig. Dazu gehören Reis, Nudeln, Kartoffeln, Eier, Müsli, Zucker... Zucker? Nein, nicht wirklich. Ich wollte heute einen schönen Zitronenkuchen backen und es waren nur noch zwei Esslöffel Zucker übrig. Da heißt es improvisieren. Was gibt es denn noch für Süßkram im Haus? Honig? – Passt nicht so wirklich. Agavensirup?- Ach nee, lieber doch nicht. Aber im Kühlschrank steht noch der Holundersirup! Der hat schon bei den Sommerkeksen wunderbar funktioniert. Also gut, da habe ich meinen Zuckerersatz.

Und hier kommt der Kuchen:

150 g Butter
3 Eier
200 g Zucker oder eben eine ganze Menge Holundersirup
1 Prise Salz
Saft und Schale einer halben Zitrone
300 g Mehl
1 TL Backpulver

Alle Zutaten sollten in etwa gleich warm sein. Also nehme ich die Eier und den Holundersirup aus dem Kühlschrank und lasse die Butter ganz langsam auf kleinster Flamme schmelzen. Die geschmolzene Butter wird wieder abgekühlt.

Das kann sie tun, während ich die Eier aufgeschlage und verplempere und mit Zucker, Sirup, Zitrone und etwas Salz verrühre. In die Mischung kommt das Mehl in drei Schüben und wird auch gut untergerührt. So wird aus der Mischung langsam ein weicher Teig. Nach dem zweiten Schub Mehl rühre ich die abgekühlte Butter unter und stelle schon mal den Herd an. Wenn auch der letzte Krümel Mehl untergerührt ist, schütte ich den Teig in eine Kastenform und stelle sie für 45 Minuten bei ca. 180 °C in den Ofen.

Da steht mein Kuchen jetzt noch und ich hoffe der Sirup bewährt sich.

Samstag, 24. September 2011

Reisebriefe aus Irland

Hermann von Pückler-Muskau galt bei seinen Zeitgenossen als exzentrisch. Um in einem Gespräch an ihn zu erinnern, erzählte man sich gern die Anekdote, in der er vier Hirsche vor eine Kutsche spannte und einen Nachmittag lang über die Straße unter den Linden in Berlin fahren ließ.

Er war auch einer der ersten echten Touristen. Dabei zog es ihn nicht in den Süden, wo sich die Intellektuellen und Künstler seiner Zeit in antiken Träumereien am Strand rekelten und zwischen Ruinen dem Klassizismus fröhnten. Nein, von Pückler-Muskau reiste 1828 ins nasse, windige Irland. Ein halbes Jahr dauerte seine Reise und er schrieb beinahe täglich mehrere Druckseiten lange Briefe, adressiert an seine Freundin Julie. Die Briefe wurden 1830 erstmals anonym in drei Bänden als „Die Briefe eines Verstorbenen. Ein fragmentarisches Tagebuch aus England, Wales, Irland und Frankreich, geschrieben in den Jahren 1828 und 1829“ gedruckt. Mir liegen sie in einer Auswahl als „Reisebriefe aus Irland“, herausgegeben von Therese Erler bei Rütten & Loening, 2. Auflage, Berlin 1979 vor. Schon der originale Titel spricht für den Exentriker in von Pückler-Muskau: Er ist keinesfalls während der Irland-Reise gestorben, unternahm später noch viele Reisen in Deutschland und Italien und lebte bis 1871 fort.

In seinen Briefen stellt sich er jedoch seltsam vernünftig dar.  Er reist von Dublin quer durchs Land nach Galway und an der Südküste zurück nach Dublin. Diese Route ist auch bei heutigen Irland-Reisenden noch sehr beliebt. Sehr touristisch erkundet von Pückler-Muskau die Gegend, zieht mit der Postkutsche von Ort zu Ort, wohnt in Gasthäusern und Privatunterkünften und unternimmt Tagestouren zu Fuß oder zu Pferd. Dabei läßt er sich meist von irischen Jungen von 10-12 Jahren führen.

Hier erhält er einen kleinen Einblick in das Leben der Iren des frühen 19. Jahrhunderts. Das Land war von sehr großer Armut und Hunger geprägt, wenn auch die Große Hungersnot noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten sollte. Auffällig ist der gutmütige, doch herablassende Blick auf die Iren. Von Pückler-Muskau spricht von ihnen als den Wilden und Eingeborenen. Er liebt es, Nationalmentalitäten aufzustellen. So ist der typische Ire versoffen, rauflustig, vergnügt und nimmt das Leben trotz aller Strapazen leicht. Der Abstand zwischen dem Reisenden und den ihn umgebenen Menschen bleibt trotz aller Gastfreundschaft groß.

Das zeigt sich auch in der Begegnung mit den gehobenen Klassen, die von Pückler-Muskau ausschließlich als Engländer identifiziert. An ihnen lässt er kein gutes Haar. Sie seien altmodisch, oberflächlich, parteiisch und loyal bis zur Absurdität. Tatsächlich bluteten die Engländer das Land systematisch aus.

Dennoch wandelt von Pückler-Muskau sehr gern durch ihre großzügigen Parkanlagen und isst an ihren großen gutgedeckten Tafeln. Die ironischen Bemerkungen in den Briefen bleiben anonym. Namen von Gastgebern und dem zugehörigen Landsitz werden grundsätzlich nur mit Initialien angegeben.

Diese Vorgehensweise macht es dem heutigen Leser nicht leicht, die Reiseroute im Detail zu verfolgen. Nichtsdestotrotz macht es Spaß, die Briefe zu lesen. Sie sind angefüllt mit Abenteuern und Anekdoten. Märchen und Legenden spielen eine große Rolle. Über viele Seiten werden sie detailliert ausformuliert und tragen zur unheimlichen Atmosphäre, die sich noch durch die romantisierten Landschaftsbeschreibungen verstärkt, bei.

Hermann von Pückler-Muskau ist heute nahezu unbekannt. Längst sind die Iren eine emanzipierte Nation. Keiner würde sie heute mehr als „wild“ bezeichnen. Aber die Tourismusindustrie zehrt noch immer an den Vorgaben des 19. Jahrhunderts, was die Nationalmentalitäten betrifft. Von Pückler-Muskau drückte dem Bild von Irland seinen Stempel auf und man kann ihn noch immer finden, wenn man es denn will.

Freitag, 23. September 2011

Bohnen mit Bohnen auf Bohnen und Bohnen

Die Bohnenzeit ist da! Neben grünen Bohnen hängen Wachsbohnen und Kidneybohnen. Dazu gibt es Augenbohnen und Azukibohnen. Auch die Sojabohnen dürfen nicht fehlen und zusammen mit Mungbohnen werden sie ausgekeimt und auf die Suppe gestreut – natürlich auf Bohnensuppe!

Heute gibt es einen gemischten Eintopf aus, wer hätte es gedacht, Bohnen. Eine Riesenportion für mich oder zusammen mit kurzgebratetem Fleisch eine Beilage für zwei.

Gestern habe ich 50g Azukibohnen eingeweicht und heute zusammen mit 50g Mungbohnen 30 Minuten gekocht.

Für den restlichen Eintopf brauchte ich

2 Frühlingszwiebeln
100 g grüne Bohnen
100 g Champignons
½ Dose Ananas samt Saft
1 TL Ingwerpulver
abgeriebene Schalen von 1 Zitrone
1 EL Sojasauce
1 TL Speisestärke
Öl zum Anbraten

Das Gemüse habe ich kleingeschnitten und den Ananassaft, die Sojasauce, den Ingwer, die Zitronenschale und die Speisestärke zu einer Paste gemischt.
In einem großen Topf wird das Gemüse angebraten. Dazu kommen die schon gekochten Bohnenkerne und die Paste. Das alles wird gut umgerührt und bei geschlossenem Topf etwa 10 Minuten gekocht.

Fertig sind die Bohnen auf Bohnen mit Bohnen, Champignon und Ananas.

Mittwoch, 21. September 2011

Ein Eis ohne Streusel

Jetzt ist die Zeit, wo jeder Sonnenstrahl zählt. Am Nachmittag geht es hinaus. Die Menschen starren in die Sonne und lächeln. Wer weiss denn schon, wann der graue kalte Winter beginnt? Vielleicht schon morgen. Da gilt es, die letzten schönen Tage im Jahr zu genießen.
In der Eisdiele stehen die Familien Schlange. Die bunten Streusel sind um drei Uhr aus. Hier und dort ist das ein Grund für lange Gesichter. Doch dann gibt es die halbernst gemeinte Drohung der Väter, das wäre das letzte Eis im Jahr und es wird fleißig geschleckt, auch ohne Streusel.

Montag, 19. September 2011

Bettine von Arnim auf Reisen

Die Kunst stand für Bettine von Arnim im Mittelpunkt, doch wurde sie von den Zeitgenossen nicht als Künstlerin wahrgenommen. Sie war eine adlige Frau, die singen, zeichnen und schreiben konnte und ansonsten reichlich hysterisch war. Mit anderen Worten: Eine von vielen. In ihren schier endlosen Briefen, die sie zu Literatur ausbaute, beschrieb sie ihr Leben. Dabei fällt vor allem eines auf: Die Frau befand sich ständig auf Reisen und sie fand das normal.

Bei der Lektüre der Briefe ist mir bewusst geworden, wie mobil doch bestimmte Bevölkerungsschichten im 19. Jahrhundert waren. Neben den großen Migrationsbewegungen nach Amerika und der allgemeinen Landflucht waren viele weitere Gruppen, ja ganze Berufsstände auf holprigen Straßen unterwegs. Da gab es die allgegenwärtigen Händler, Militärs und Missionare auf dem Weg in ferne Kolonien und wieder zurück, Handwerker auf ihrer Gesellentour, erste Touristen auf Studienreise, Forscher, Künstler und den Adel.

Der europäische Adel besaß überall verstreut große und kleine Schlösser und Gutshöfe mit mehr oder weniger umfangreichem Umland, aber er hatte kein Heim, kein zu Hause. Die Häuser standen oft leer und wurden nur von wenigen Dienstboten instandgehalten. Die Besitzer reisten stattdessen mit der ganzen Familie oder auch getrennt vom Ehepartner mit einem mobilen Hausstand. Die Ehefrauen blieben dann keineswegs allein zu Hause zurück, sondern reisten ebenfalls. Oder besser gesagt: Sie zogen ständig um. Es gab eine kontinuierliche Veränderung des Wohnortes.

Warum ziehen Menschen, die doch so schöne Häuser besitzen und sonst nichts weiter zu tun zu haben scheinen, ständig um?
In Bettine von Arnims Fall gab es mehrere Gründe. An erster Stelle stand die innere Zerrissenheit, wo es den nun am schönsten, anregensten und auch am gesündesten sei. In der Stadt oder auf dem Land? Von Arnim pendelte prinzipiell zwischen beiden Entitäten.
Hinzu kam der wechselnde finanzielle Hintergrund, der sie zum Umzug vor allem innehalb der Städte zwang. Hier entschied sie sich eher für eine größere Wohnung (unter 10 Zimmern ging es nicht) als für ein warmes Heim mit Dienstboten, gutem Essen und aufwändiger Kleidung. Da war wohl mehr Schein als Sein.
Eine dritte Kategorie bildeten Besuche, längere Ausflüge und Kuraufenthalte. Man könnte sagen, naja, das sind doch eher klassische touristische Reisen. Doch nein, ein moderner Tourist würde sich nicht monatelang bei Freunden oder Familienmitgliedern einnisten und dort am alltäglichen Leben mit allen Pflichten teilnehmen. Es fanden also auch hier tatsächliche Umzüge statt.

Die Reisen selbst werden nur selten in Bettine von Arnims Briefen thematisiert. Man erfährt nicht, ob die Kinder mitkommen, ob Bedienstete dabei sind. Im Mittelpunkt des Schreibens stehen die literarisierten Abenteuer vor Ort und ein intensiver Einblick in Gedanken und Gefühle der Autorin. Ein reiches Leben breitet sich vor einem aus, ein Leben, in dem man vieles wiederfindet, in dem vieles aber auch sehr fern und märchenhaft wirkt. Diese Mischung machen die Briefe für mich heute so spannend. Sie sind lebendiges Zeugnis einer vergangenen Kultur.

Sonntag, 18. September 2011

Kürbis und Kartoffeln aus dem Backofen

Heute gibt es etwas ganz Besonderes zum Mittag. Dafür brauche ich

so viel Hokaidokürbis und Kartoffeln, wie ich essen kann
Öl
1 Knoblauchzehe

Ich wasche das Gemüse und halbiere den Kürbis. Mit den Fingern grabe ich die Kerne aus dem Kürbisfleisch und lege sie zum Trocknen aus. Die Kürbiskerne kommen später in ein Brot. Jetzt schneide ich den Kürbis und die Kartoffeln in etwa fingerdicke Spalten, lege sie auf ein mit Backpapier ausgeschlagenes Backblech und öle sie ein. Ich heize den Backofen auf 200°C vor und stelle das Gemüse für ca 15 Minuten hinein.

Während es bäckt, hacke ich die Knoblauchzehe und rühre ein Raita an.

In das Raita kommen

3-4 EL Joghurt
¼ Tomate
1 TL Korianderpesto
1 Messerspitze Chilipulver

Ich hacke die Tomate so klein wie möglich und rühre sie mit den Gewürzen in den Joghurt.

Wenn das Gemüse 15 Minuten im Ofen war, drehe ich die einzelnen Spalten um und öle sie noch einmal ein. Dann streue ich den Knoblauch über das Gemüse und schiebe das Blech wieder in den Ofen. Nach weiteren 10-15 Minuten ist das Essen fertig, aber vorher duftet es schon in der ganzen Wohnung. Auf dem Teller träufele ich das Raita über das Gemüse und lasse es mir schmecken.

Samstag, 17. September 2011

Unheimliches Wuhletal

Von Zeit zu Zeit zieht es mich raus aus der Stadt. Dann möchte ich einfach laufen und die Gedanken schweifen lassen. Ich mag Waldgebiete mit Sümpfen oder Flusslandschaften. Heute habe ich mich für das Wuhletal entschieden. Das Tal ist nicht weit weg – noch innerhalb der Grenzen Berlins und doch weit draußen. Um zur Wuhle zu kommen, fahre ich durch schier endlose Plattenbaugebiete. Die symmetrischen Bemalungen an den Hauswänden können nicht über ihre anonyme Hässlichkeit hinwegtäuschen. Hier müssen Tausende Menschen wohnen, aber die Gegend wirkt wie ausgestorben. Sie stehen wohl alle hinter den Scheiben und starren hinaus.

Am Ende einer langen Straße breitet sich das Tal vor mir aus.
Die Wuhle ist ein schmaler, versumpfter Fluss. Dicht stehen mannshohe Wildpflanzen. Die Region wirbt mit 250 Pflanzen- und 776 Tierarten. Pflanzen wuchern um mich. Es duftet nach kräftigen Kräutern, doch es fehlt ihnen jede Lieblichkeit. Alles deutet auf eine vor kurzer Zeit abgeschlossene Renaturierung hin. Der Pflanzenteppich ist so typisch für die Neubegrünung von Brachflächen. Er gibt dem Fluss den Charme einer Bahntrasse. Von den Tieren sehe ich nur eine kleine Feldmaus tot auf dem Weg liegen.

An diesem Fluss wird mir die ganze Künstlichkeit der menschlichen Zivilisation bewusst. Links und rechts des Ufers schlängeln sich zwei sehr breite, sehr gut gepflegte Wege. Alle 10 Meter stehen Sitzbänke mit leeren Mülleimern. Ab und an gibt es einen verwaisten Spielplatz. In der Ferne sieht man Hochhäuser. Die von Menschen gestalteten Elemente wirken sauber, ordentlich, akurat, leer, künstlich, bizarr. Eine morbide Stimmung kommt auf. Hier lassen sich wunderbar verschrobene Horrorfilme drehen.


Freitag, 16. September 2011

Berit allein zu Haus

Es klingelt Sturm. Schrill, laut, unrythmisch, lange. Wer kann das sein? Ich erwarte niemanden; keinen Besuch, keine Post. Die Reklameausträger waren auch schon mal dezenter. Aus der Gegensprechanlage nuschelt mir eine männliche Stimme entgegen: „Hallo, ich bin's. Machen Sie bitte die Tür auf?“ Nein, ganz bestimmt nicht! Was ist das denn für ein Freak? Erst prescht er wie wild vor und dann plötzlich so höflich. Die Haustür bleibt zu und die Wohnungstür wird zusätzlich verriegelt und verrammelt. Man weiss ja nie, auf was für Ideen die Leute so kommen. Mein Freak klingelt jedenfalls noch zwei Minuten weiter, bevor er aufgibt. Eine verdammt lange Zeit. Und kaum ist er fertig, geht das Telefon... Nein, das kann nicht sein, das ist er nicht, oder vielleicht doch, oder nicht oder - Ich werde es nie erfahren, wenn ich jetzt nicht ans Telefon gehe. Und wenn ich rangehe und er ist es? Was dann? Dann kann ich immer noch auflegen. Also los.

Eine Freundin ist dran und bringt die Welt wieder in Ordnung.

Donnerstag, 15. September 2011

Lobgesang auf Neil Gaiman

Neil Gaiman war der erste Fantasyautor, den ich bewusst gelesen habe. Damals war ich 12 und schlich mich mit schlechtem Gewissen in die Erwachsenenabteilung der Stadtbibliothek. Reichlich orientierungslos blieb ich vor Niemalsland stehen, fand die Ratte auf dem Cover cool und nahm das Buch mit. Danach war ich der Meinung: So müssen Geschichten sein. Rasend schnell, skuril, witzig, traurig, gruselig; aber vor allem eins: wahnsinnig spannend.

Doch leider leider war es das einzige Buch von Gaiman, das es in der Bibliothek gab und so hatte ich den Autor bald wieder vergessen und musste mich braveren Büchern zuwenden.

Bis ich ihn vor kurzem wiederentdeckte und erfuhr, dass er ein höchst produktiver, mit Preisen überschütteter Kultautor ist. Neben Romanen schreibt er Comics, Drehbücher, Dramen, Kurzgeschichten, Lyrik … Es gibt kaum eine literarische Form, die er nicht bedient. Dabei setzt er sich über alle Genregrenzen hinweg und mischt Fantasy mit Horror, Romantik, Krimi, Reality. Die Phantastik bricht in reale Welten ein und konfrontiert die Realität mit dem Unglaublichen.

Was nach platter Popliteratur klingt, hebt Gaiman auf postmodernistisches Niveau. Neben allen Spielereien sind seine Plots von einer tiefen Ernsthaftigkeit geprägt.

Doch schnell wird die Ernsthaftigkeit selbst zum Spiel und bis ins Schauerliche verzerrt. Und so macht es schlichtweg Spaß durch seine Welten zu rasen, sich zu gruseln, mitzufiebern. 

http://www.neilgaiman.com/
http://www.youtube.com/watch?v=Xlx1ju7V9Aw&feature=player_embedded

Mittwoch, 14. September 2011

Parkimpressionen

Der Park ist fast leer. Ein paar Vereinzelte lagern noch fröstelnd in Erinnerung an vergangene Sonnenstrahlen auf den Rasenflächen. Jetzt ist die Zeit , wo die Hunde den Park zurückerobern. In wildem Wettkampf hetzen sie dem geworfenen Stock hinterher und trotten langsam zu ihrem Herrn zurück. Der wirft den Stock erneut und wieder stieben die Hunde auseinander. So geht es lange. Der hoch in die Luft geworfene Stock überschlägt sich. Orientierungslos rennen die Hunde, schlagen Haken, stolpern übereinander, fallen, rappeln sich auf und klauben schließlich den Stock aus dem Gras.
Menschen schauen zu. Sie träumen.

Dienstag, 13. September 2011

Fischbällchen

Nachdem gestern mein Beinahe-Wohnungsbrand als Einleitung und Warnung herhalten musste, möchte ich euch auch erzählen, was ich damals eigentlich frittieren wollte: Fischbällchen. In einem zweiten Versuch wurden sie richtig lecker.

Für vier Personen braucht man

450 g Fischfilet
2 EL Fischsauce
1 TL Chilipulver
1 zerdrückte Knoblauchzehe
1 TL Koriander-Pesto
10 sehr fein geschnittene Limettenblätter
1 Ei
1 EL Mehl
100 g grüne sehr klein geschnittene Bohnen
Frittieröl

Fischsauce, Korianderpesto und Limettenblätter bekommt ihr entweder in einem großen gutsortierten Supermarkt in der Exotikabteilung oder in einem kleinen verramschten Asia-Laden.

Das Fischfilet schneide ich in etwa 2 cm große Stücke und pürriere es. Anschließend rühre ich alle Zutaten (außer dem Frittieröl) zu einem Teig zusammen und forme ich aus dem Teig kleine Bällchen, die frittiert werden. 

Die Bällchen sollte man vor dem Essen auf Küchenpapier abtropfen lassen.

Zu dem Essen passt ein frei improvisierter Salat mit Tomaten und den verschiedensten Salatblättern und auch ein trockener Weißwein ist empfehlenswert.

Montag, 12. September 2011

Blumenkohl-Pakoras mit feiner Raita

Nach langer Zeit habe ich mich wieder ans Frittieren gewagt. Nachdem es beim letzten Versuch einen Beinahe-Wohnungsbrand gab, hatte ich viel Respekt vor dieser Garmethode. Ich weiss jetzt, dass ich den Topf mit dem Öl auf gar keinen Fall schließen darf, auch wenn es lange dauert, bis das Öl endlich heiß genug zum Frittieren ist. Bei geschlossenem Topf wird das Öl zu heiß und kann sich beim Öffnen des Topfdeckels selbst entzünden. Einmal entzündet, darf es auf gar keinen Fall mit Wasser in Berührung kommen, das würde zu einer unkontrollierbaren Explosion und einem richtigen Wohnungsbrand führen. Lieber den Herd ausstellen und den passenden Topfdeckel auf den Topf legen. Dann ist die Gefahr schnell gebannt.

So, nach dieser allgemeinen Brandschutzbelehrung kann es los gehen.

Es soll also Blumenkohl-Pakoras geben. Pakoras sind kleine Leckerbissen, die in Kichererbsenteig getaucht und anschließend frittiert werden. Man kann alle möglichen Gemüsesorten und auch Fisch verwenden. Ich habe mich für Blumenkohl entschieden.

Für eine große Portion nehme ich

200g Blumenkohl
Salzwasser

1 kleine Zwiebel
75 g Kichererbsenmehl
1 TL Backpulver
½ TL gemahlener Koriander
½ TL gemahlener Kreuzkümmel
100 ml Blumenkohlbrühe oder mehr

½ l Frittieröl (Man nimmt im Allgemeinen Rapsöl zum Frittieren. Ich finde das stinkt ganz furchtbar und nehme lieber Sonnenblumenöl)

Ich putze den Blumenkohl und zerteile ihn in die einzelnen Röschen. Das Gemüse koche ich bissfest in wenig Salzwasser. Danach gieße ich das Blumenkohlwasser ab und fange es in einer Schüssel auf. Es wird zum Teil im Rezept selbst noch verwendet und schmeckt auch gut in einer Gemüsesuppe, die es in den nächsten Tagen geben wird.

Für den Teig schneide ich die Zwiebel in sehr kleine Würfel und mische sie mit den anderen Teig-Zutaten. Der Teig ist relativ fest. Wenn man will, dass er sich wie ein Film um das Gemüse schmiegt, muss man wesentlich mehr Teig herstellen und er sollte auch flüssiger sein. Ich mag es lieber, wenn das Gemüse noch hier und dort zu sehen ist und der Teig eine knusprige Kruste bildet. Blumenkohl und Teig werden auf jeden Fall sorgfältig miteinander vermischt.

So und jetzt beginnt der aufregende Teil des Rezepts. Ich gieße das Frittieröl in einen mittelgroßen hohen Topf, stelle den Herd an und warte bis das Öl die richtige Temperatur erreicht hat. Dazu braucht man kein Thermometer. Es genügt, einen Holzlöffel in das Öl zu tauchen und zu schauen, ob das Öl Blasen schlägt. Das ist das Zeichen für die Pakoras. Sie werden in Portionen in dem Öl frittiert bis sie eine schöne Bräune haben. Das dauert etwa 6-7 Minuten. Die fertigen Pakoras lege ich auf einen mit Küchenpapier ausgelegten Teller. Hier können sie etwas abtropfen.

Zu dem Gemüse gibt es eine Raita, einen gewürzten Jogurt-Dip. Für die Raita nehme ich

100 g Joghurt
1 TL „Scharfmacher“-Gewürzmischung (das ist ein feiner Gewürzmix aus süßem Paprika, Knoblauch, Chili, Thymian, Oregano, Basilikum, Rosenblüten, Rosmarin, Pfeffer, Sonnenblumenblüten und Ringelblumen)
1 EL Kokosraspel
1 TL Honig

Alle Zutaten werden verrührt und auf den warmen Pakoras verteilt gegessen.

Sonntag, 11. September 2011

Das Ciabatta-Rezept

Nach meinem Brotback-Abenteuer möchte ich euch jetzt natürlich nicht das Rezept vorenthalten.
Ciabatta ist ein relativ aufwendiges Brot mit Vorteig und langen Gehzeiten und allem, was dazu gehört.

Für vier Bleche (was wirklich viel ist, also entweder für Partys oder Großfamilien planen) braucht man für den Vorteig

eine sehr große Rührschüssel

5 g frische Hefe
250 ml warmes Wasser
350 g Weizenmehl

Die Hefe in das Wasser einbröseln und umrühren bis sich wieder eine homogene Flüssigkeit ergibt. 10 Minuten warten. Dann das Mehl langsam, aber gründlich unterrühren. Das war's schon. Der Teig wird über Nacht mit einem frischen Geschirrtuch abgedeckt und auf einen Schrank gestellt. Dort kann er wachsen.

Für den Hauptteig braucht man

10 g frische Hefe
5 EL lauwarme Milch
250 ml warmes Wasser
2 EL Olivenöl
1 EL Salz
550 g Weizenmehl, eventuell etwas mehr
eine zusätzliche unbestimmte Menge an Olivenöl
weitere Leckerein wie kleingehackte Oliven oder getrocknete Tomaten

Die Hefe in die Milch bröseln, umrühren und 10 Minuten warten. Dann zusammen mit dem Wasser und dem Öl in den Vorteig kippen und rühren bis eine halbwegs homogene Masse entsteht. Jetzt das Mehl salzen und zu dem Teig geben, zuerst rühren, dann kräftig kneten. Wenn es zu sehr klebt, noch etwas mehr Mehl dazutun. Achtung! Die Mehltüte in Reichweite bereithalten. Wer mag, kann noch kleingehackte Oliven oder andere Leckereien unter den Teig mischen. Dadurch gewinnt das Brot an Geschmack und verliert an Neutralität. Ein süßer Aufstrich ist dann nicht mehr so wirklich toll.
Am Ende den Teig mit Öl betreufeln, die Schüssel zudecken, wieder auf den Schrank stellen und sich eineinhalb Stunden anderweitig beschäftigen.

Jetzt werden die Brote geformt. In meinem ursprünglichen Rezept steht, sie sollen 30 cm lang und handbreit sein. Wer so lange Backbleche hat, kann die Ciabattas gerne in diese Form bringen. Ich habe den halbflüssigen Teig geviertelt und großzügig jedes Viertel auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilt und breitgequetscht. Der Teig sollte dabei möglichst nicht reißen und am Ende überall gleich dick sein. Lieber ein unförmiges Brot als ein knuspriges, weil zu dünnes Ciabatta. Ja, und jetzt darf man die Brote zudecken, auf den Schrank stellen und wieder einmal zwei Stunden warten. Das kann zum Problem werden, wenn man wie ich nur zwei Backbleche hat. Ich habe diese Wartezeit bei meinem zwei letzten Blechen radikal abgekürzt, aber das ist nicht wirklich empfehlenswert.

Die Brote werden im vorgeheizten Backofen bei 220 °C gebacken. Dabei ist es wichtig, eine feuerfeste Schüssel mit Wasser auf den Boden des Ofens zu stellen. So trocknen die Brote nicht aus. Nach 20 Minuten sind sie fertig. Sie werden jetzt noch zum Auskühlen auf ein Gitter gelegt und dann kann die Party losgehen oder auch die Großfamilie verköstigt werden.


Samstag, 10. September 2011

Abenteuer Ciabatta-Brot

Ich habe meinem Lesekreis ein Ciabatta-Brot versprochen. Gesagt getan und auch einen Tag vorher schon mal ins Rezept geschaut. Zum Glück. Es gibt einen Vorteig, der über Nacht gehen soll! Okay, also den Vorteig gerührt – ziemlich flüssige Pampe.
Am nächsten Morgen schaue ich vorsichtig in die Schüssel. Der Teig hat jetzt das vierfache Volumen und die Schüssel ist bis Anschlag voll. Das fängt ja gut an. Ich habe keine größere Schüssel. Ich suche also eine zweite Schüssel heraus und will den Teig teilen. Dabei fällt er in sich zusammen und ich kann die zweite Schüssel wieder wegstellen.

Jetzt rühre ich erst alle flüssigen Zutaten und dann das Mehl in den Vorteig. Nach kurzer Zeit ist mit dem Rührlöffel nichts mehr zu machen. Ich muss die Hände zum Kneten verwenden. Das fühlt sich schön an. Geschmeidig, warm und klebrig. Wo ist doch gleich die Mehltüte? Ich habe den schönsten Kleber der Welt angerührt und ein nicht kleiner Teil klebt jetzt an der Tüte. Nicht so schön.

Das Ganze soll nach dem Kneten mit Öl betreufelt werden und dann zwei Stunden ruhen. Jetzt werden die Brote geformt. Ich mache mich auf eine klebrige Angelegenheit gefasst. Doch nein, das Öl wirkt wie ein Trennmittel und ich kann den Teig leicht teilen.

Im Rezept steht, die Brotlaibe sollen handbreit und 30 cm lang sein und davon soll ich zwei auf ein Blech legen. Bin ich in einer Großbäckerei? Meine Backbleche haben etwas kleinere Formate. Ich forme also niedliche längliche Laibe und lege sie auf ein Blech. Die Laibe sollen noch mal zwei Stunden gehen.

Hm, es ist noch jede Menge Teig übrig. Ich stelle mich auf eine lange Backnacht ein. Nach den zwei Stunden fange ich also mit dem Backen an. Jedes Blech soll 25 Minuten im Ofen verbringen. Nachdem die ersten Brote ganz schön knusprig geworden sind, beschließe ich die Backzeit zu verkürzen und siehe da: Meine ersten richtigen Ciabattas! Bei den nächsten Blechen schummele ich ein bisschen. Der Teig ruht schließlich schon ewig. Da kann er jetzt endlich wach werden und nicht nochmal als geformtes Brot doof rumliegen. Die ganze Prozedur wird also abgekürzt. Auf jedes Blech (ich hab nur zwei) kommt ein großer unförmiger Teigflatsch, der nur so lange rumsteht bis der Ofen für ihn frei ist. Und siehe da, in zwanzig Minuten werde ich fertig sein.

Und wehe, die Brote sind morgen zum Frühstück hart!

Freitag, 9. September 2011

Das Märchen vom Hamsterzirkus

Vor langer langer Zeit, als es auf den Jahrmärkten noch Flohzirkusse gab, lebte einmal ein armer Mann, der einen solchen Zirkus eröffnen wollte. Er dachte lange hin und her, wie er es anstellen sollte, die Leute zu bannen und zum Lachen zu bringen. Einen Flohzirkus fand er zu langweilig, einen Mäusezirkus gab es in jeder Stadt und vor den richtig großen Tieren wie den Löwen und Tigern hatte unser Zirkusdirektor nicht nur ein bisschen Angst. Da kam er auf die Idee, es mit einem Hamsterzirkus zu versuchen. So etwas hatte es noch nie gegeben.

Er kaufte mehrere schöne Hamster, baute ein großes Hamsterrad und ließ die Tiere darauf herumturnen. Einer der Hamster turnte am schönsten. Er rannte wie ein Verrückter in dem Rad bis er sich überschlug und im ganzen Zirkus herumwirbelte. Das gefiel den Kindern. Sie lachten und jauchzten vor Vergnügen und wollten immer noch mehr sehen.

Der Zirkusdirektor baute diese Nummer aus. Er bastelte für die Hamster kleine Flipflops in allen Farben. Sie klapperten bei jedem Schritt. Davon bekamen die Hamster Angst und sie rannten noch schneller. Sie verloren erst den einen Flipflop und dann den nächsten und bevor es zu den Loopings kam, wirbelten die Schuhe wild umher und regneten auf die Zirkusbesucher nieder.

Das wurde den Hamstern zu bunt. Sie konnten das Lachen nicht mehr hören. Sie wollten nicht mehr rennen oder in Loopings herumwirbeln. So fassten sie eines Abends, gerade als sie in Frankreich angekommen waren, einen Plan. Sie wollten den Menschen das Lachen stehlen. Nun zogen sie jede Nacht aus, huschten durch die Gassen und nahmen sich hier ein vorlautes Ha und dort ein gekichertes Hi und im Wirtshaus fanden sie viele prächtige Ho's. Sie fraßen sie alle auf. Das schmeckte sehr gut. Was sie nicht gleich essen konnten, verbargen sie in ihrem Bau.

Nach einer Weile hatten sie das Lachen im ganzen Land gehamstert. Doch damit war es nicht genug. Die Hamster hatten Gefallen an den H's gefunden und bedienten sich nun auch an der Sprache. Bald war in Frankreich kein einziges H mehr zu hören. Die Leute wurden missmutig und stumpf. Sie gingen mit grauen Gesichtern, mieden den Markt und den Zirkus und alles, was Spaß machte.

Eines Abends nach einer Vorstellung vor leeren Rängen setzte sich der Zirkusdirektor traurig zu seinen Hamstern. Mit Erstaunen sah er, dass die Hamster ganz vergnügt umherhuschten. Dabei knabberten sie an kleinen H's. Es waren nicht mehr viele übrig. Langsam verstand der Zirkusdirektor, was geschehen war. Vorsichtig nahm er die noch verbliebenen H's und gab sie den Menschen zurück.

Nach und nach breitete sich das Lachen wieder aus. Bald hörte man hier und dort einen kleinen Jungen vor Vergnügen quietschen, wenn er am Bauch gekrabbelt wurde. Die vierzehnjährigen Mädchen kicherten ungehemmt und aus den Wirtshäusern schallte dröhnendes Gelächter. Die Leute hatten wieder Spaß am Leben.

Doch was die Sprache anbelangt, stand der Zirkusdirektor vor einem Rätsel. Er konnte das H einfach nicht mehr in den Worten unterbringen. So blieb es nur auf dem Papier stehen und niemand sprach es mehr aus. Die Franzosen hatten sich an ein Französisch ohne H gewöhnt und heute vermisst es niemand mehr.

Donnerstag, 8. September 2011

Ich werde euch eine Geschichte erzählen

„Ich werde euch eine Geschichte erzählen, die wie eine Lotusranke wächst, die sich in sich selbst verdreht und ständig vergrößert, bis ihr alle Teil davon geworden seid.“

So endet der Roman Tanz der Götter von Vikram Chandra und das Geschichtenerzählen beginnt erneut.
Chandras Roman wird gern mit der Märchensammlung Geschichten aus Tausend und Einer Nacht verglichen. Die Grundvorraussetzungen sind ähnlich: Der Geschichtenerzähler ringt mit dem Tod und um ihn aufzuschieben, muss er erzählen. Doch wo es bei Tausend und Einer Nacht hunderte von kurzen ineinander verflochtenen Märchen gibt, finden sich bei Chandra nur zu Beginn des Romans Verflechtungen und Rahmenhandlungen, dann brechen zwei Erzählstränge aus dem Geflecht hervor und dürfen in epischer Weite fließen.

So unterschiedlich wie ihre beiden Erzähler sind diese beiden Stränge. Die erste siedelt sich in einem fantastischen Indien am Ende des 18. Jahrhunderts an. Einem Indien, in dem die Engländer mit Arroganz und Ignoranz langsam die Macht übernehmen und mit keinerlei Verständnis für die lokalen Kulturen diese offensiv unterwandern.
Im Zentrum stehen drei Brüder, die durch ihre jeweils doppelte Zeugung gekennzeichnet sind. Zum einen durch die indische Mutter und den englischen Vater und zum anderen durch ein magisches Gebäck, das die Mutter vor den Schwangerschaften gegessen hat. Es stattet die Söhne mit übernatürlichen Talenten aus, die diese ohne sie zu hinterfragen annehmen und anwenden. Ihre Mitmenschen erkennen die Brüder als besondere Persönlichkeiten, doch die Wunder werden nur von Engländern als solche erkannt.

Der zweite Erzählstrang handelt von einem jungen Inder, der in den 1960er Jahren zum studieren nach Amerika geht. In der in sich geschlossenen Welt des Campus wird er von den Kommilitonen als einen der ihren angesehen. Der Kulturcrash erfolgt erst spät bei einer Begegnung mit den Eltern seiner amerikanischen Freundin, die in ihm in erster Linie den unkultivierten, doch interessanten Inder sehen. Ihr Indienbild ist geprägt durch eben jene englische Epoche, die wie in dem oben beschriebenen Erzählstrang mehr einem Fantasy-Setting gleicht. Der Protagonist kämpft zunächst gegen dieses Unwissen an. Doch da ihn diese Strategie nur demütigt, ändert er seine Taktik und macht sich eine Schein-Magie zu eigen. Er kehrt am Ende zu seinen Eltern zurück und setzt hier durch einen echten magischen Zwischenfall das Geschichtenerzählen in Gang.

Bei aller epischer Breite und fantastischen Ausschmückung, knappen Rahmenhandlungen und vielfältigen Verflechtungen wird Chandras Roman mit einem Leitmotiv zusammengehalten: Ein breit angelegter Kulturenkonflikt zwischen Ost und West, der sich durch alle Geschichten, Epochen und Schauplätzen hindurchwindet. Realismus trifft auf Magie. Die Magie gilt es mit Hilfe von Rationalität und kriegerischen Auseinandersetzungen zu zerstören. Doch sie lässt sich einfach nicht unterkriegen und bricht in den unerwartetsten Zusammenhängen wieder hervor.

Der Roman besticht durch seine Sprachgewalt, durch seine schier unendliche Vielfalt, durch seine Verflechtungen und Verwirrungen. Er lädt dazu ein, immer wieder gelesen zu werden um neue Details zu entdecken.

http://www.aufbau-verlag.de/index.php/tanz-der-gotter.html

Mittwoch, 7. September 2011

Es regnet

Es regnet eigentlich täglich oder doch gefühlte fünf Tage in der Woche. Und wenn es mal zwei Monate nicht regnet, veranstalten die Medien stellvertretend für die Bauern ein großes Geschrei und sprechen von einer langanhaltenden Dürre. Doch dann schließt sich die Wolkendecke wieder und die Leute beginnen, über den Regen zu reden. Sie tun das auf ganz wunderbare Weise. Die ganze Vielfalt des kühlen Nass wird zum Ausdruck gebracht. An erster Stelle steht die Quantität des Wassers. Dazu kommen Lautmalereien, Metaphern, Sinnbilder, vulgäre Einsprengsel. Männer und Frauen sprechen auf verschiedene Art über den Regen; jede Jahreszeit, jeder Dialekt, jede Region hat eine eigene Regen-Sprache. Der Regen ist der Inbegriff von Unwetter, doch eigentlich wird das Wetter erst mit dem Regen zum Wetter.
Da gibt es kurze Schauer und schwere Wolkenbrüche, den schönen Landregen, aber keinen Stadtregen. Es schüttet wie aus Eimern und draußen ist Weltuntergang. Es schifft und pladdert. Es regnet Blasen. Und dann läßt der Regen nach. Es nieselt oder pieselt. Es tröpfelt, es fällt so vor sich hin. Es klart plötzlich auf, die Sonne schaut raus und wir haben wieder schönes Wetter.

Dienstag, 6. September 2011

Brombeerlassi

Die Brombeeren sind reif. Direkt vom Strauch gepflückt, wirken diese kleinen Früchtchen schon wie wahre Aromawunder. Doch noch besser werden sie in Kombination mit Joghurt, Milch, Holundersirup und einem Hauch Minze.

Die Mengen der einzelnen Zutaten sind dabei sehr variabel. Für 300 ml Lassi verwende ich eine Hand voll Brombeeren und 3 EL Joghurt. Dazu kommen 1-2 EL Holundersirup. Er soll süßen und den Geschmack der Brombeeren unterstützen, aber nicht hervorstechen. Die Brombeeren spüle ich kurz ab und püriere sie zusammen mit dem Joghurt und dem Holundersirup in einem hohen Gefäß. Mit 100 ml Milch verflüssige ich die Mischung. Die Milch mildert leider auch etwas den Geschmack. Daher nehme ich lieber etwas mehr Joghurt als zu viel Milch. Wer gern löffelt, kann sie auch ganz weglassen, dann wird der Lassi noch fruchtiger. Am Ende zerkrümele ich ein getrocknetes Blatt Pfefferminze und dekoriere den Lassi.

Fertig ist ein perfektes Frühstück.

Montag, 5. September 2011

Freiluftkino

Man könnte sagen, ich hätte ein ambivalentes Verhältnis zu Freiluftkinos. Dabei besuche ich durchaus regelmäßig diese Kinos - etwa einmal in drei Jahren. Ich gebe ihnen also immer wieder eine Chance.
Es ist nun nicht so, dass ich nicht gern im Sommer ins Kino gehen würde, im Gegenteil. Doch scheitern diese Kinos im Freien für mich an zwei grundsätzlichen Tatsachen: zum einen an den klimatischen Bedingungen und zum anderen am Programm.
In Berlin ist es auch im Sommer zu nass, zu kalt und zu windig. Oder anders ausgedrückt: Das Wetter ist einfach unberechenbar. Nach zwei lauen Sommernächten kommt das große Gewitter und schon ist es wieder 10° kälter. Darüber kann man sich ärgern, man kann sich damit abfinden oder man freut sich über jeden Sonnenstrahl und gestaltet sein Leben so spontan, dass man nur an schönen Abenden ins Kino geht.
Wäre da nur nicht das Programm. Das ändert sich nämlich in jedem einzelnen Freiluftkino – zur Zeit gibt es 16 – tagtäglich und man muss sich eigentlich schon Tage vorher entscheiden, wo man denn nun hingehen will, damit man nicht im falschen Kino und im falschen Film landet.
Es gibt also viel zu planen: Kinoprogramme und das Wetter. Und eine Alternative zum Film zu finden, ist auch immer ratsam. Man weiß ja nie, ob es nun nicht doch regnen wird. Wem das alles zu viel ist wie mir, geht nur alle drei Jahre ins Freiluftkino und dann bei schönem Wetter und ganz spontan und ohne Rücksicht aufs Programm. Der Film wird zur Nebensache. Es ist einfach nett in der lauen Sommernacht da zu sitzen und zu gucken. Doch dann wird es langsam kälter. Man zieht erst einen Pullover an, später eine Jacke. Irgendwann kommen die Thermoskannen zum Vorschein. Ist das immer noch nett? Ja, wenn es nur der richtige Film wäre.

Sonntag, 4. September 2011

Bücherdörfer

Bei meinem gestrigen Markttag kam ich auch an einem Buchladen vorbei. Da konnte ich nicht wiederstehen, musste hineingehen und entdeckte bei den Magazinen einen Neuling: die leselust.
Nun, ganz so neu ist sie nicht, immerhin schon die zweite Ausgabe im Juli/August, aber ich war begeistert. Das ist genau die Zeitschrift, die ich gern lesen will. Ein bisschen schmökern, neue Bücher entdecken, Artikel mit schönen Bildern anschauen.
Unter anderem über Bücherdörfer.
Bei dem Wort denke ich sofort an Walter Moers' Stadt der Träumenden Bücher. Da würde ich so gern mal hin – zumindest an die Oberfläche, in den unterirdischen Labyrinthen geht es mir dann doch zu rabiat zu. Aber ein Ort voller Buchläden mit Cafés und Lesungen und allem, was dazu gehört, das wär schon was feines. Und jetzt lese ich, dass es das wirklich gibt und zwar schon seit 1961 in Wales. Zu Hause google ich, ob ich denn nicht mal einen Ausflug zu einem der sagenumwobenen Bücherdörfer machen könnte. Doch nein, alle Bücherdörfer sind weit weit weg. Schade eigentlich. Doch halt! Es gibt jede Menge Buchläden hier in Berlin, schon angefangen mit dem kleinen Comicladen gleich um die Ecke, und dann das Tasso und die Ladenhüterinnen und nicht zu vergessen das Kulturkaufhaus. Das ist eigentlich schon in sich ein ganzes Bücherdorf. Ich brauche gar nicht weit weg zu reisen, um in die ganze Welt der Bücher einzutauchen. Ich muss mir nur all die anderen Läden wegdenken, die so gar nicht zum Buchflair passen wollen.
Ein kleiner Trost. Und die nächste Reise geht dann in ein richtiges Bücherdorf. Vielleicht nach Wales? Oder nach Norwegen?


Samstag, 3. September 2011

Löwenzahnsirup

Vorhin bin ich über den Wochenmarkt auf dem Boxhagener Platz gebummelt. Und wie das so ist, wenn man nur bummeln und nicht kaufen will, kam ich mit vollen Taschen zurück. Neben einer Riesenmelone und feinem Stinktierkäse fand ich darin auch eine Flasche mit Löwenzahnsirup. Löwenzahnsirup? Noch nie was von gehört.

Ich hab also den Sirupklassiker probiert: Ein Glas kaltes sprudelndes Mineralwasser und einen großen Schwupp Sirup. Und dann: nicht süß – sondern sauer und lecker und erfrischend und genau das Richtige für einen heißen Sommertag! Das geschmackliche Äquivalent zu einer bunten Blumenwiese nur eben ohne Mücken!

Sommerkekse

Bis zur Weihnachtsbäckerzeit ist es noch eine ganze Weile hin, aber bei mir gibt es jetzt die ersten Kekse – Sommerkekse mit Holundersirup.

Für drei Bleche nehme ich

300g Weizenmehl
100g Zucker
½ TL Backpulver
2 EL Holundersirup
75 g warme Butter
1 Ei

Ich knete alle Zutaten zu einem geschmeidigen Teig und stelle ihn für eine Stunde in den Kühlschrank. Danach rolle ich ihn aus und steche Formen.
Im Küchenfachhandel gibt es auch unweihnachtliche Formen wie Rosen oder Kätzchen und in den Touriläden natürlich Wappentiere und Sehenswürdigkeiten. Bei den Nonbook-Artikeln eines Buchladens habe ich auch schon Kontinente als Ausstechförmchen gefunden. Da kann man sich eine ganze Welt backen. Ein bisschen makaber wird es nur, wenn man den letzten Krümel von Afrika verputzt.
Die Kekse bepinsele ich mit einem verquirlten Ei und backe sie im vorgeheizten Ofen 6-8 Minuten bei 200°C. Sie werden schön gelb und sind innen noch etwas weich und richtig lecker.